Liebe ist niemals unverbindlich
Von nichts kommt nichts! Nichts ist umsonst! Das gilt für viele Bereiche des Lebens. Für die Waren, die ich bekomme, muss ich bezahlen; ohne Krankenversicherung werden die Kosten nicht übernommen; das Geschenk, das ich bekomme, wird bei Gelegenheit zum Gegengeschenk; auf eine Einladung folgt eine Gegeneinladung. Unsere Kinder werden wie selbstverständlich mit diesem Prinzip groß. Nichts gibt's umsonst!
Wir laufen Gefahr, dieses Prinzip auch auf unsere Beziehung zu Gott anzuwenden. Je größer unsere Anliegen, desto größer unsere „Gegenleistungen“: Rosenkränze, Bußpilgerfahrten, Gelübde, Kerzenopfer… „Wenn du, lieber Gott, mir diesen oder jenen Wunsch erfüllst, dann schenke ich dir…“ Auch wenn wir nicht wollen, sind wir auf diese Weise noch einem heidnischen Gottesbild verhaftet: Gott ist oben, der Mensch unten, und durch das richtige Opfer (Gebet, Weihrauch, Spende) kann ich Gott umstimmen oder gnädig machen. Selbst der christliche Gottesdienst wird gelegentlich noch so begründet: Du wirst doch wohl noch eine Stunde in der Woche Gott opfern können! Wir tun so, als bräuchte Gott unsere Opfer, unsere Gaben, unsere Gebete!
Es ist genau umgekehrt! Gott selbst hat uns das Opfer ein für alle Mal abgenommen. Im Christentum gibt es nur ein Opfer - und es wurde von Gott selbst in Christus dargebracht. Wir müssen uns nicht mehr um einen gnädigen Gott bemühen. Er hat gnädig an uns gehandelt, und er handelt gnädig an uns, souverän, aus freiem Willen, nicht weil wir es „verdient” haben, sondern weil Gott es so will.
Paulus drückt dies in seinem Briefe an die Römer so aus:
„Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch ihn haben wir auch im Glauben den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes.“ (Röm 5,1-2)
Noch einmal: Wir schaffen uns den Frieden mit Gott nicht selbst, noch müssen wir uns um einen gnädigen Gott bemühen. Gott schenkt uns Frieden und Gnade - umsonst und unverdient!
Die Frage ist: Können wir das wirklich so hinnehmen? Wir, die wir so tief von der Vorstellung geprägt sind, dass alles seinen Preis hat, dass nichts umsonst ist! Eines wird von uns erwartet, eines bleibt notwendig: der Glaube, das Vertrauen. Gerecht gemacht aus Glauben! Gott will keine Marionetten. Er will freie Menschen, die freiwillig „Ja“ zu seinem Angebot sagen und zulassen, dass er ihnen alles gibt, was er zu geben hat: seine Liebe.
Und möchte noch jemand fragen: Müssen wir wirklich nichts mehr tun? Gibt es das alles denn einfach so? Kann jeder tun, was er will?
Nein - Liebe ist niemals unverbindlich! Treue und Glaube ebenso wenig! In derselben Passage spricht Paulus davon, dass „die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist“ (Röm 5,5). Diese Liebe können wir uns gar nicht verdienen, die können wir uns nur schenken lassen.